Sportchef und Headcoach Raphael Kohler zieht Bilanz
Defensiv sehr solid, offensiv noch zu wenig gefährlich – so lautet die Bilanz der ersten Mannschaft der Bern Capitals Herren in der abgelaufenen Saison. Gegen die Topteams gelangen einige Siege, dafür tat sich das Team von Chefcoach Raphael Kohler gegen die Teams im Tabellenkeller schwer. Hier nimmt der Coach Stellung.
Am vergangenen Sonntag ist die Saison 24/25 zu Ende gegangen. 26 Sekunden vor Spielende hat Elia Garbely den Ausgleich erzielt und damit die Caps noch in die Verlängerung geschossen. Dort gelang schliesslich der entscheidende Sieg in dieser Serie. Die Halle ist kopfgestanden. Was geht Dir im Rückblick durch den Kopf?
Da schwirren aktuell noch zahlreiche Gedanken durch den Kopf. Ich habe ab Januar bezüglich der avisierten Playoff-Qualifikation immer mehr Druck verspürt. Im Wissen, dass eine Playout-Kampagne ihre eigenen Gesetze hat (letzte Saisom stieg mit Schwarzenbach der Neuntplatzierte ab), wollten wir alles daran setzen, die Top 8 zu erreichen.
Als die Playout-Teilnahme feststand, stieg der (Negativ-) Druck umso mehr. Diesen merkte man dem Team, dem Staff und insbesondere mir auch immer mehr an. Ironischerweise konnte ich diesen ab Beginn des letzten Drittels im Spiel vom Sonntag abstreifen und die Kulisse geniessen. Der Spirit in der Garderobe in der zweiten Pause liess nur einen Schluss zu: diese Partie werden wir gewinnen. Diese Überzeugung hatte jeder von uns.
Wenn Du nun nach dieser harten Serie gegen Legion Wasserschloss die Saison Revue passieren lässt, welcher Eindruck bleibt zurück?
Wir haben einen Schritt vorwärts gemacht. Dieser war aber noch zu wenig gross, um den Playoff-Strich zu überqueren. Wir haben deutlich mehr Struktur ins Spiel ohne Ball gebracht und versucht, der Mannschaft offensiv mehr Werkzeuge mitzugeben. Mit der Defensivleistung bin ich sehr zufrieden, unsere Effizienz vor dem gegnerischen Tor blieb hingegen eine Baustelle.
Ebensoviel Wert legten wir aber auf die Struktur im Team. Ich habe mit dem Captains Club ein Gremium geschaffen, welches aktiv den Austausch zwischen Staff und Team mitgestaltete. Es funktioniert nur, wenn die Mannschaft und der Staff eng zusammenarbeiten. Einen grossen Dank gilt den Führungsspielern rund um Captain Oli Walker.
Wenn wir einmal die Statistik genauer anschauen, fallen einige Dinge auf. Positiv fallen die Siege gegen die Spitzenteams der Liga auf. Wie interpretierst Du dies?
Sportlich gesehen, haben wir die Playoffs im Dezember mit Niederlagen gegen schlechter klassierte Teams oder direkte Konkurrenten verspielt (Schüpbach, Aigle, Aarau, Hornets, Eggiwil). Umso mehr kitzelt der Umstand, dass wir in der Rückrunde die beiden Playoff-Finalisten geschlagen haben.
Die Gegentorquote hätte für die Top 8 gereicht. Bei den erzielten Treffer liegen wir auf dem vorletzten Rang.
Diese zwei Punkte sind schon irgendwie erstaunlich?
Wir haben eine Mannschaft, die gerne spielt und dort auch ihre Qualitäten hat. Diese reichen aber noch nicht, um bei fehlender Intensität einen destruktiven Gegner auf Augenhöhe regelmässig zu schlagen. Bei höherer Intensität und konstruktiverer Spielart unserer Gegner kommt unser Spiel besser zur Geltung. Zynisch gesagt, spielen wir Unihockey, statt es manchmal auch zu arbeiten.
Dies zeigte sich exemplarisch gegen die Teams im Tabellenkeller. Da gelang es zu selten, den Druck in Tore umzumünzen.
Das ist genau so. Wir haben gegen vier Teams aus den Top 5 mindestens einmal gewonnen. Aber gegen alle Playout-Teams einmal verloren.
Wenn wir nun den Blick nach vorne richten: an welchen Schrauben müssen wir schrauben, damit wir nächste Saison nichts mehr mit dem Abstieg zu tun haben?
Da gibt es verschiedene Punkte, die wir anpacken müssen. Es fängt bei einem breiter abgestützten Trainerteam an, geht weiter bei der Kaderqualität und endet mit der Bereitschaft zur Investition ins Unihockey von jedem einzelnen. Wir haben in den vergangenen Jahren (eher entgegen dem Trend der Liga) die Trainingsqualität vor die Trainingsquantität gestellt. Ein durchaus valabler Ansatz. Dieser bedingt jedoch ein Bewusstsein dieser Situation.
Fangen wir beim Trainerstab an. Du hattest diese Saison eine Doppelrolle als Sportchef und Headcoach der ersten Mannschaft. Geht es nun für Dich persönlich eher Richtung Sportchef oder Richtung Headcoach?
Ich kannte die Doppelrolle ja schon. In der jetzigen Situation als Sportchef/Trainer war der Interessenskonflikt weniger frappant. Zusätzlich konnte ich jederzeit auf die Sportkommission zählen, wo sich Timo Kummer auch ums Fanionteam kümmert.
Und künftig, wie soll das Trainerteam am besten aufgestellt sein?
Idealerweise haben wir ein Fünferteam mit drei Coaches, einer Physioperson und einem Teammanager. Ich bin mir aber im Klaren, dass dies aktuell (eine anzustrebende) Utopie ist.
Gibt es schon eine Wasserstandsmeldung bezüglich Neuverpflichtungen oder ist es dafür noch zu früh?
Aktuell laufen die letzten Gespräche mit den bestehenden Kaderspielern und die ersten Zuzüge konnten bereits unter Vertrag genommen werden. Informieren werden wir jedoch erst nach Ablauf aller Gespräche in gut einem Monat.
Wenn Du einen Wunsch offen hättest: Wo stehen die Caps in einem Jahr?
Irgendwo gefestigt zwischen Rang 4-8 auf einem Playoffplatz mit einer guten Mischung von jungen hungrigen Spielern und arrivierten Routiniers.
Ich möchte auch noch ein riesen Merci an alle Supporter:innen aussprechen. Am meisten Freude macht die grosse Anzahl an Junior:innen, die mittlerweile unsere Heimspiele besuchen und uns unterstützen. Ihr seid die Zukunft der Caps!
Das Interview geführt hat Andreas Britt.